Die Tinte auf dem Diplom kaum getrocknet, startete mein erstes Mandat in der Hörgeräteindustrie. Mit wenig Erfahrung kam in einem grossen, bereits gestarteten Projekt schnell das Gefühl der Verlorenheit auf.
Das Gefühl verschwand aber schneller als es aufgetaucht war und nach zwei lehrreichen Jahren möchte ich nun hier meine Erfahrungen an „Juniors“ und alle anderen Interessenten weitergeben:
Allgemein kann man wohl sagen, dass der Start in der Projektmitte nicht gerade der einfachste Einstieg ist. Während die restlichen Teammitglieder schon Anforderungen umsetzen, versucht man selbst einen Überblick über die Prozesse und über die Domäne zu gewinnen. Diese Anfangszeit benötig Geduld von einem selbst und auch vom Team.
Mit dem Sprichwort „Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten“ im Hinterkopf soll man den Teammitgliedern in den ersten Wochen Löcher in den Bauch fragen. Und wenn beim ersten Mal nicht sofort alles klar ist, lautet die Devise: „Nicht verzweifeln“. Oft hilft es, eine Sache erst einmal ruhen zu lassen und zu einem späteren Zeitpunkt nochmals nachzuhaken.
So erarbeitet man sich von Tag zu Tag ein grösseres Domänenwissen, welches mit jeder Aufgabe und jedem Gespräch weiter wächst.
Beim Entwickeln führen kleine Aufgaben und klar abgesteckte Themen schnell zu einem Erfolgsgefühl und geben zu Beginn eine grosse Sicherheit. Gerade hier kann es von Vorteil sein, in einem bestehenden Projekt einzusteigen. Entwicklungsumgebung und Hilfsmittel wie Resharper, Structure 101 und TeamCity helfen einem bei der täglichen Arbeit.
Doch die grössten Erfahrungen sammelt man in persönlichen Reflektionen und Reviews mit erfahrenen Entwicklern oder beim Pair-Programming.
Und dann kommt der Zeitpunkt, wo man einen groben Überblick hat und sich an Diskussionen beteiligen kann. Davon profitiert dann auch das Team. Zu diesem Zeitpunkt gelingt es nun auch über den Tellerrand hinauszuschauen und sich mit den anderen Teams und Aufgaben beschäftigen – denn die Entwicklung eines Produkts hängt von vielen Faktoren ab und ein erfolgreiches Produkt lässt sich am Ende nur durch eine gute Zusammenarbeit realisieren.
Und so lässt sich zum Schluss zusammenfassen: Der introvertierte Entwickler hat es in der Industrie schwer. Ob Junior oder nicht, mit einer natürlichen Offenheit lehrt und profitiert man viel und kann ganz viele Erfahrungen sammeln (und mitnehmen).